Die Deutschen sollten mehr singen
Annette Dasch über die FreuDe am Singen und die Kraft des gemeinsamen Liedes
Der weltberühmten Opernsängerin Annette Dasch bringt das Opernsingen viel Freude. Man ist selbstverantwortlich, wählt Literatur aus, befasst sich mit Lyrik und empfindet die Musik als Wege zur Spiritualität und Religiösität.
„Jeder Mensch singt gern, selbst Leute, die sagen, sie könnten es nicht…“
Das 3. Reich hat die Volksliedtradition vergiftet. Wer allerdings mal auf einer Skihütte erlebt hat, wie Schulklassen aus Estland, Italien oder England singen, und die Deutschen dagegen…“ Der Musikunterricht würde immer mehr gekürzt und eingeengt. Und viele Eltern meinten, Naturwissenschaften und Englisch seien viel wichtiger.
„Wissenschaftliche Studien beleben und der gesunde Menschenversand verrät: Musizierende, singende Menschen sind insgesamt leistungefähiger, ausgeglichner, sozialer und fröhlicher. Es geht beim Singen um Ganzheit, um Disziplin, um Gruppenerlebnis.
Wenn 50 Menschen einen Kanon singen, ist das erhebend. Und es rührt an eine Schicht im Menschen, die nicht so oft angesprochen wird. Das berührt Geheimnisse.“
NEUE VOLKSLIEDER? Die gibt es doch gar nicht, sagen die meisten. Volkslieder sind von unbekannten Autoren aus dem Volke, bis auf einige , wie von Hoffmann von Fallersleben, Goethe, Heine und ein paar andern. Ja, die schönsten davon in Deutschland sind meist melancholisch, oft spätromantisch oder älter. Einige der schönsten haben Zupfgeigenhansel, Wader, Folkinger, Wacholder…. schön auf Tonträger eingespielt.
Aber für uns Folkies und Bündische, die wir Lieder sammeln, aufschreiben und singen, gibt es auch ein paar neue Lieder, die den Ton treffen mit Dichtung, guter, deutscher Spüache, poetisch mit besonders schönen Melodien verbunden.
Dabei sind Texte von Kramer und Hesse. Aus Mecklenburg Eckhard Wenzel hat ein wunderbares Frühlingslied und ein noch schöneres Herbstlied gemacht. Das Frühlingslied zusammen mit Erich Schmeckenbecher „An der Allee die Akazien blühen, es schweben über uns Vögel und Flieger, es wird wieder Mai“, und das wunderbare Herbstlied „Feinslieb, nun ist das Blätterbraun schon wieder in den Spitzen, wenn wir unterm Kastanienbraun auf Abend fröstelnd sitzen. Das Jahr geht fort mit schwerer Fracht, es bindet sich die Schuh….“
Die Kunst, zu wunderschöner Poesie Ohrwurm-Melodien zu machen, zu vertonen, und das dann auf Tonträger einzuspielen und bekannt zu machen, schafft Volkslieder außerhalb der Massenmedien, für die Kreise von Folkies und Liederfreunden über die Schlager hinaus. Diese Lieder sind neue Volkslieder oder auch Folklieder zu nennen.
Die Medien schaffen es zu unserem Glück nicht, uns zu kanalisieren. Und sie bringen diese Lieder nicht. Daran ist für sie nicht zu verdienen. Das Ergebnis ist, dass die meisten Menschen die schönsten neuen, deutschen Lieder nicht oder kaum zu hören bekommen. Und wir sind eine kleine Subkultur, die daran ihre Freude haben kann. Wie musizieren und singen diese Lieder. Ein Teil davon ist bei unsere Jurtentreffen zu hören, zu singen und mitzuspielen.
hedo
Alte Volkslieder mit Popmusik-Qualitäten
Spielfreudige Folk-Formation „Grenzgänger“ begeistert Publikum im Berner Schulzentrum mit „Bettlerbankett“ „Kleinkunst ganz groß“ schrieb einst ein Kritiker über einen Auftritt der Bremer Folk-Formation „Grenzgänger“. Dem ist nichts hinzuzufügen, nachdem das Quartett im Berner Schulzentrum am Donnerstag das Publikum mit seinen „Volksliedern“ in den Bann gezogen hat und dafür mit rhythmischen Beifallsbekundungen belohnt wurde. Die „Grenzgänger“, das sind zunächst Sänger Michael Zachcial sowie Jörg Fröse (Mandoline, Geige, Hummel), die sich mit 14, 15 Jahren von Folk-Formationeninspiriert für Volkslieder früherer Tage zu interessieren begannen. Sie begannen zu spielen und immer neue vergessene Volkslieder aus Archiven und alten Büchern auszugraben, teils neu zu vertonen und auf eine so unnachahmliche Art und Weise zu interpretieren, dass man ihnen ihr Alter nicht anmerkt. Das gilt auch für ihr neues Programm „Bettlerbankett“, einer anspruchsvollenTextauswahl aus der Zeit des Vormärz bis zu Brecht und Kästner, das die Grenzgänger ohne jegliche elektronische Verstärkung wie Popmusik herüberbringen. Schon die Eröffnung, eine 1920 von einem Unbekannten verfasste Parodie auf einVolkslied („In der Heimat ist es schön, wo die Fleißigen müßig gehn, die man zwingt herumzulungern, ohne Arbeit zu verhungern, wollen sie nicht stehlen gehen. In der Heimat ist es schön.“) überzeugt durch ihren mitreißenden Sound. Ebenso ist es bei „Im düsteren Auge keine Träne“ von Heinrich Heine oder der Resolution der Kommunarden („In Erwägung unserer Schwäche machtet ihr Gesetze, die uns knechten soll´n) von Bert Brecht. Das Stück „Trotz alledem“ hat in der Grenzgänger-Interpretation gar einen dermaßen flotten Groove, dass der Hannes-Wader-Klassiker kaum wieder zu erkennen ist. Spätestens jetzt ist klar, warum sich während ihres Vormittagskonzerts selbst die Rock- und Hip-Hop-gewöhnten Schüler für die Volkslieder à la Grenzgänger begeistern konnten, seien die Texte und die Instrumentierung noch so fremd. Denn die Grenzgänger kommen nicht nur ohne Verstärker, sondern auch ohne Bass und Schlagzeug aus. Ihren Rhythmus, der mal an Blues und Soul, mal an amerikanischen Folk erinnert, besorgen sie mit ganz traditionellen Instrumenten. Dafür sind seit einiger ZeitA nnette Rettich am Cello und Felix Kroll am Akkordeon zuständig, die gerade mal im Kindergartenalter waren, als die Grenzgänger ihre ersten Auftritte absolvierten. Mit ihrem frischen wie virtuosen Spiel tragen sie ihren Teil zum flotten, jungen Sound bei.Im Mittelpunkt steht der Ex-Straßenmusiker und Liedermacher Michael Zachcial, der beim Rezitieren und Singen der Geschichten vom Leben auf der Straße, vonVerfolgten, Vogelfreien und Vagabunden, von Armut, Widerstand und Hoffnung zurHöchstform aufläuft. Sein Ausgraben vergessener Volkslieder versteht er als“Wurzeltherapie“. Das „Volk“ soll sich jenseits aller „Deutschtümelei“ wieder seiner Wurzeln erinnern. Das Publikum war begeistert.
Rheinischer Singewettstreit am 20. – 21. April 2013
Liebe Freundinnen und Freunde des bündischen Gesangs,
der 6. Rheinische Singewettstreit auf Burg Rheinfels in St. Goar war wieder ein voller Erfolg – wir danken allen Mitwirkenden und Besuchern herzlich für dieses schöne Singefest!
Der Wettstreit fand in der katholischen Pfarrkirche St. Goar statt, wo wir wie im letzten Jahr von Pastor Weber willkommen geheißen wurden. Erneut stand der Wettstreit unter der Schirmherrschaft des Bürgermeisters von St. Goar, Herr Mallmann, der neben einem Grußwort auch kräftig mitsang.
Zu Beginn des Wettstreits wurde den Verstorbenen Fränz und Axi gedacht.
Es folgte der Wettstreit mit insgesamt 15 angemeldeten Gruppen, die jeweils ein Lied vortrugen, darunter eine erfreuliche Anzahl von selbstgeschriebenen Liedern.
Anschließend fand in bewährter Manier oben auf der Burg im Gewölbekeller das große Begegnungsfest statt, bei dem bis in die frühen Morgenstunden ausgiebig gefeiert und gesungen wurde.
Der nächste Singewettstreit findet am 26. April – 27. April 2014 statt. Der Wettstreit wird wieder in der katholischen Pfarrkirche St. Goar ausgetragen.
CDs vom Singewettstreit 2013
Die Aufnahme des diesjährigen Wettstreits hat Ömmel übernommen, dem wir für seine spontane Bereitschaft, uns zu unterstützen, herzlich danken! Die CD kann direkt bei ihn erworben werden: www.helmut-alba.de
CDs vom Singewettstreit 2008 – 2012
Fränz vom Bündischen Audio, der für die Aufnahmen des Singewettstreites verantwortlich war, ist im Februar gestorben. Mit ihm haben wir einen treuen Mitstreiter und guten Freund verloren, den wir sehr vermissen.
Pfadfinderflohmarkt
Der bündische Flohmarkt findet wie in den vergangenen Jahren in einem regensicheren Zelt auf dem Vorhof der Burg statt. Dort können Einzelne ihre überzählige Fahrtenausrüstung verkaufen. Gleichfalls findet im Zelt der Verkauf der Händler zu Pfadfinderausrüstung, Liederbüchern, CDs etc. statt. Die Anmeldung erfolgt über Wanja: wanja@kabelmail.de
Ergebnisse der Singewettstreit 2008 – 2012
Die Ergebnisse der vergangenen Wettstreite findet ihr unter Teilnahme.
Bilder vom Singewettstreit 2008 – 2011
Eine Bilddokumentation der letzten Wettstreite findet ihr bei Andreas Winkelmann (www.andis-bilderwelt.de).
Feine Poesie in Wandervogelliedern und ihre Verbreiterung
Unsere Lieder sind voll feiner Poesie und guter, deutscher Sprache. Viel schöner, als die meisten Schlager, eher vergleichbar mit den Texten guter Liedermacher der Folkszene.
Liedermacher, mit denen wir seit Chanson Internation und den Waldeckzeiten nahe verwandt sind. Sie ooft näher am Zeitgeist, wir unterwegs auf Fahrt, beim Verweilen und in unserem Fernwehträumen am Feuer und unserer Romantik, oft auch hart am Realen.
Die Verwandtschaft der bündischen Liedpoeten und der Liedermacher, die profihaft davon leben müssen, hat dazu geführt, dass im bündischen Berich Liedpoesie eine große Rolle spielt. Eine so große Rolle, dass eine ganze Reihe von Liedermachern aus den Bünden hervor gegangen ist. Auch werden junge Liedpoeten und Sprachkünstler in den Bünden dazu angeregt, dass sie selbstbewusst neue Liedpoesien erspüren und finden lernen und so ein Selbstbewusstsein beim Liedschöpfen finden.
Sangen die Wandervögel zuerst Volkslieder, schöpften dann aus Zeit, Not und Lust neue Lieder und b rachten viele Lieder aus anderen Ländern mit und fanden dazu schöne deutsche Übersetzungen und Neudichtungen. In den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts waren die Schulliederbücher voll von Liedern der Wandervögel.
Jeder der sich mit Liedern intensiv beschäftigt und Sprache liebt, weiß, dass die Wandervogellieder mit ihren Fest- und Fahrtaussagen, ihren Stimmungen und ihrer Kraft oft das übertreffen, was heute in Schulbüchern steht. Heutige Schulliederbuchmacher tun gut daran, den aktuellen Wandervogelliederschatz zu sichten. Sie werden feststellen, dass viele neue, jugendbewegte Lieder gut in Schulliederbücher passen und viele Übersetzungen aus den Bünden ebenfalls besonders gut gelungen sind.
In den 20er Jahren hatten sich die Schulbuchverlage viele bündische Lieder gekrallt und sich für 5 Mark pro Lied die Rechte gesichert. Das braucht uns heute nicht zu passieren. Wenn Schulliederbücher heraus kommen sollen, dann liegen heute die Rechte meist bei den Bünden oder den Autoren. Vielleicht stellt Ihr dann das eine oder andere Lied für den Abdruck zu Verfügung, behaltet Euch aber die sonstigen Rechte vor. Wenn es um mehrere Lieder geht wie bei Bünden mit vielen eigenen Liedern, z. B. bei Zugvösglen, Nerother und Wandervogel ev-ern, dann überlegt Euch, wie Ihr Eure Lieder gut verwaltet. Sie sind Schätze, sind Perlen, die man nicht ohne weiteres weggibt oder wegwirft.
Der Zugvogel, Helm König und einige weitere sind schon dabei, den Weg ihrer Lieder gut zu bedenken und sich dazu Strategien der Verbreitung und der Einnahmen zu erarbeiten.
Zwar sind die Lieder für Gruppen, für Wandervögel, für Treffen gemacht und nicht die Vermarktung. Der aggressiven Vermarktung von Verlagen ist jedoch nur mit einer festen Position zu begegnen.
Liederbücher auf dem freien Markt erscheinen immer seltener, auch, da sich das kaum noch lohnt. Ohne gute mp3 – Aufnahmen, DVDs oder ohne You-Tube werden neue Lieder immer weniger gelernt.
Selbst in den Bünden sind die schönen, handgeschriebenen Liederbücher fast aus der Mode gekommen. Verwendung und Tausch von Liedern bei den Bünden ist bisher kaum ein Problem, außer dass sich teils Nazis einiger Lieder von mac und anderen gratis bedienen wollten. Auch da könnten wir als Bünde gemeinsam auftreten und Diebstahl verwehren.
hedo
Joiken und samische Kultur
Joiken, dieser samische Gesangsstil, wird immer bekannter und ist auch hierzulande jetzt oft zu hören. Die erste Begegnung für manche hierzulande mit diesem samischen Musikstil war aber wohl der Film „Ofelas“, der erste abendfüllende samische Spielfilm (übrigens für einen Oscar nominiert). „Ofelas“ – dieses samische Wort bedeutet Pfadfinder oder Fährtensucher. In diesem Film war die Stimme von Nils Aslak Valkeapää zu hören. Allerdings: der ganze große Erfolg für den Film blieb in Deutschland aus. Der deutsche Verleih nannte den Film „The Pathfinder“, doch zweimal th in einem Titel, das ist zuviel für deutsche Filmkritiker, die ihn sich lieber gar nicht erst ansahen und ihn wegen des Titels für einen Film über den Vietnamkrieg hielten. In „Ofelas“ bildet Joik die ständige Hintergrundmusik und verschmilzt streckenweise mit der samischen Sprache zu einer ganz eigenen Melodie.
Joiken zu beschreiben, den Gesangsstil, den Nils Aslak Valkeapää erneuert und in alle Welt getragen hat, ist alles andere als einfach. Wie überhaupt einen Gesangsstil schildern, ohne ihm klangliche Beispiele beifügen zu können? Uralte Gesangsform, besondere Kehlkopftechnik, keine festgelegte Melodiefolge, kein vorgeschriebenes Tempo, hochentwickelte Improvisation, traditionell immer Sologesang, ohne Instrumentalbegleitung, das ist das theoretische Wissen. Wie sich das anhört, kann man sich noch immer nicht vorstellen. Wie lange die Sami schon joiken, wissen wir nicht. Sie haben keine Geschichtsbücher verfasst, hatten einen zyklischen, dem Kreislauf der Natur angepassten Zeitbegriff und lernten Jahreszahlen erst kennen, als sie „zivilisiert“ wurden. Jahrhunderte ist dieser Gesangsstil jedenfalls alt, wenn nicht Jahrtausende. Männer und Frauen joikten, nicht nur Noaiden, wie manchmal zu lesen ist. Allerdings nicht alle gleich gut, es hat immer berühmte JoikerInnen gegeben und solche, die nur leise in der Sauna joikten. Die vorhandenen Berichte über Joiken reichen nur wenige Jahrhunderte zurück, bezeichnenderweise ist die erste Erwähnung ein dänisches Gesetz von 1607, das Joiken mit der Todesstrafe belegte. Damals wurde offenbar bei religiösen Zeremonien gejoikt, bei Festen, bei Auseinandersetzungen, aber Joiken erschien auch als das geeignete Mittel, um über die Geschichte der Sami oder der eigenen Sippe zu berichten. Aufschlussreich ist ein Beispiel, das zu Beginn des 19. Jahrhunderts aufgezeichnet wurde. Es ging um einen „Sängerkrieg“ zwischen Noaide (der als Vertreter des heidnischen „Barbarentums“ besonders der Verfolgung durch die Kolonialmächte und ihre frommen Missionare ausgesetzt war) und Dieb (Symbol für die Eroberer). Die Noaiden standen in dem Ruf, Rentiere in die Arme der samischen Jäger joiken zu können. Sollte es ihnen da nicht gelingen, auch die fremden Eindringlinge wegzujoiken? Und der Noaide sang: „Scher dich weit weg von hier, dahin, wo du gekommen bist, ich werfe dich weit weg von hier.“
Eine schöne Vorstellung, leider schlug der Versuch fehl. Joikforscher sehen darin einen Grund für den Niedergang der Joikkultur seit dem 19. Jahrhundert. Die Gesellschaft, die diese Kultur entwickelt hatte, gab es nicht mehr, für die neuentstandenen Probleme bot Joiken keine Hilfe, und wer überleben wollte, musste sich der Kultur der norwegischen, schwedischen, finnischen oder russischen Eroberer anpassen, in der es für samische Dinge keinen Platz gab.
Doch manches überlebte, oft im Verborgenen. So erinnerte sich um 1990 der damals siebenundsiebzig Jahre alte Same Gaebpien Gästa: „Wir Südsami hielten Joik für ausgestorben. Im Norden, wo die Sami in der Mehrheit waren, trotzten sie dem Verbot jahrhundertelang. Im Süden war der Druck stärker. Aber dann stellte sich heraus, dass Joiken überlebt hatte, fast in einem Komazustand. Eine kulturelle Äußerung lässt sich nur schwer durch ein Verbot ersticken, und in meiner Generation kam es immer noch vor, dass die Menschen im Joiken ihre Zuflucht suchten.“ Heute kennen wir vor allem kürzere Personenjoiks oder Tier- und Naturbeschreibungen als Kombination von Wort und Melodie. Hier ein hübsches kleines Beispiel von Nils Aslak Valkeapää:
„Der Rentierstier ist so mächtig, sein starkes Halshaar, sein mächtiges Geweih. In der Brunftzeit verspüre ich sonderbaren Neid.“
Diesen Stil also reformierte der samische Dichter Nils Aslak Valkeapää fast im Alleingang (auch wenn er das nie hören wollte und abwehrend auf die vielen Freunde und Kollegen verwies, mit denen er bei immer neuen Projekten zusammenarbeitete) und trug ihn in alle Welt. Seine Aktivitäten brachten ihm nicht von Anfang an nur Lob von Seiten seiner Landsleute ein, Puristen hielten manche seiner Neuerungen für „uneheliche Kinder“, wie er selbst das ausdrückte. Dass der Joiker sich von Synthesizer begleiten ließ, erboste sie ebenso wie ein frecher Text. Und vor beidem schreckte Valkeapää nie zurück:
„Die Sommersonne scheint, brennt vom offenen Meer weht ein warmer Wind, ich liege auf dem Rasen gebe mich dem Sonnenlicht hin und trinke Bier.“ Mit dem Bier wollte er den strengen Laestadianern eins auswischen, die ja jeglichen Alkoholgenuss ablehnen. Die anfängliche Kritik verstummte bald, einerseits, weil die jungen Leute sich von Valkeapääs Beispiel begeistern ließen, andererseits (sagte er mit einem Grinsen): „Weil viele von den alten Tugendwächtern eben jetzt zu alt sind, um noch groß rumzuschreien!“ Wie nachhaltig er das Joiken reformiert und neubelebt hat, hat er selbst nicht mehr erleben dürfen.
1996 wurde Nils Aslak Valkeapää Opfer eines schweren Autounfalls, brauchte mehrere Jahre, um sich einigermaßen von den Folgen dieses Unfalls zu erholen. Im Jahre 2000 teilte er mit, er fühle sich endlich stark genug für einen neuen Anfang, ein CD-Projekt stand als erstes auf dem Programm. Aber vollendet wurde das Werk nie, er hatte seiner noch immer labilen Gesundheit zuviel zugemutet, und 2001 starb Nils Aslak Valkepää im Alter von nur 58 Jahren ganz überraschend an einer Lungenembolie. In Erinnerung bleibt er als größter Joiker und bedeutendster samischer Dichter seiner Generation, vielleicht sogar aller Zeiten. Und als Wegweiser für eine neue Generation von samischen Joikern und Joikerinnen, die zwar alle versuchen, ihren eigenen Stil zu entwickeln, doch bei allen ist zu hören, daß sie ausgiebig Valkeapää gehört haben.
Zum Einstieg: bei YouTube Nils-Aslak Valkeapää eingeben, es gibt eine Menge zu hören, und am Rand tauchen dann andere Vorschläge zu Joik auf. Weitersuchen!
Und mehr über Sami, Joik und Valkeapää in: 111 Gründe, Norwegen zu lieben, Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf 346 S., 14, 99 www. https://schwarzkopf-verlag.info/ Gabriele Haefs
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