Die wahre Fahrt
Als meine Eltern mich zwangen, lange kratzige Strümpfe mit Leibchen und einer Matrosenuniform zu tragen, da wuchs in mir ein Widerstand.
Als ich 1945 als kleiner Steppke aus der Verbannung der SS-Schule in Seesen als 12jähriger floh und mir schwor, keine Schießwaffe zu nutzen, war es Trotz.
Als im im Trümmer-Hamburg ankam, und wir 15 Jahre in einem Zimmer lebten arm mit meinem gebrochenen Vater, im Krieg gedemütig, Elternlebendig in Hamburg verbrannt, da wollte ich raus aus Armut und Elend und Verkrampfung.
Als ich mir im Wandervogel meinen Lebensfahrtennamen „hedo“ gab, war es Stolz.
Ich ging auf Fahrt in die Welt zu den Menschen, um meinen Panzer zu verringern, der mir mein Leben gerettet hatte, den ich mir hatte zulegen müssen, und der mich im Lernen und Lieben hinderte.
Im Wandervogel lernte ich in vielen Jahren mein doppeltes Leben zu leben als Lehrer und ironischer Vorwärtsträumer und wurde zur Frohnatur, unterwegs im Leben und Danken.
Das erste Leben ist, das zu lernen, zu können, zu leben, was ein Mensch in unserer Gesellschaft braucht, um bestehen zu können, um souveräner zu werden, das Leben zu gestalten.
Das zweite Leben ist die wahre Fahrt einer Welt tatkräftig nach dem Wunsch der eigenen Seele mit Freude und einer gewissen Ironie mir selbst gegenüber und dem ersten Leben mit Alltag und häufiger Oberflächlichkeit, eben das Leben, geführt von der eigenen, reichen Seele selbst zu gestalten. Viele nennen das ironische Romantik. Es ist das starke und vorwärtsbringende Wandervogelleben. Für Menschen, die das wollen und können, lohnt es sich lebenslang Wandervogel zu werden, Wandervogel auf eigene Art zu sein.
Ich ging auf Fahrt, mit wenig Geld, mit Lederhose und Fahrtenkluft. Nachts zeltete ich oder schlief einfach im Freien oder am Feuer, was wir „Plattereißen“ nennen.
Das Singen, das Komponieren, das Danken, das Spielen auf Klampfe und Hamburger Waldzither wurden mir zur täglichen Freude.
Es gibt kaum etwas Schöneres, als den Tag mit Kerzenlicht und einem Lied zu beginnen, oder im Wandervogelkreis zu singen und den Tag einzustimmen, wie ein Gebet, eine Danksagung.
Die Lieder, die wir haben, sind etwas besonders, teils uralt, ewig wahr, teils erzählend vom Aufbegehren gegen Steifheit, Verkrustung, gegen Spießer und sinnlose Kriege, von herrlicher Natur, von Lernfahrten in die Welt, von fremden Ländern, vom Dank an den Tag, die Sonne, das Feuer, das Wasser, die Erde und an liebe Menschen. Dafür bauen wir unsere regionalen Freundesinseln.
Keine Ideologie, Keine Religion, keine Einseitigkeit hält mich fern vom Göttlichen, das in allem ist, in Menschen, Tieren, Pflanzen, in Steinen, Wasser, in Luft und Weltall. Darin bin ich nur ein Wanderer, der das findet, was er braucht. Ein Wanderer, der Menschen sucht, die auch das Einfache, Ungekünstelte suchen und danken für das, was sie finden, die Perlen am Lebensweg.
Jeder von uns wandernd Suchenden ist allein unterwegs, um die ewigen Weisheiten zu erleben, zu lernen und dafür zu danken. Und wenn wir uns treffen, wiedersehen, ist die Freude groß. Oft wird sie besiegelt mit unseren Herzensliedern und Shalom.
Aufgabe und Ziel ist es, der Zerstörung der Erde, der Behinderung von Leben und Freuden Einhalt zu gebieten und junge Menschen zu fördern, zu formen, auf ihren Weg zu geleiten, ihnen den Weg zu ebnen für ihre hoffentlich lebensfrohe Zukunft.
Und es gilt gemeinsam Menschen zu sammeln, zu fördern und sie zu lehren, mit Taten gerahmt von Freude mit Lied, Tanz und Musik ihre Leben sinnvoll zu gestalten im Sinne des Ganzen und der ewigen Weisheit zu danken.
Mein Wahrzeichen sind die Farben grün-rot-gold und die Blaue Blume des Zukunftstraums mit Freude, Dankbarkeit und Liebe. Shalom und Panta Rei! hedo, lüttenmark, 26. 11.2024