„zeitschrift briefe“ tusk und die fg
Irgendwie bin ich immer Fahrender Geselle geblieben. Nicht nur, weil meine Badetücher immer noch blau und gelb sind. Auch meine Gedanken kreisen oft um meinen Jugendbund, in dem ich großartige Jahre, Fahrten, Erfahrungen und Entscheidungen erlebte. Und der in seiner heutigen Form von einigen Extremisten zu Unrecht weiterhin pauschal als eng national verurteilt wird. Das ist falsch. Und was im Internet steht, müsste mit Positivmeldungen überschwemmt weden.
„Die Fahrenden Gesellen, Bund für deutsches Leben und Wandern“, ist die Nachkriegsbezeichnung, den Wiedergründer des Gründungskapitels nach dem 2. Weltkrieg bei der Wiedergründung annahmen, als sie sich vom Nationalismus und vom Kaufmannsbund trennten. Auch der Mädelwanderbund wurde wieder gegründet. Damit war der Bund geöffnet für jeden, der sich nicht an der schwammigen Formel vom „Deutschen Leben“ akzeptierte.
Als wir in der Jungenhorte begannen, unsere „Bündigung“ zu hinterfragen, stellten wir alles Mögliche erstmal auf den Kopf. Wir fuhren ins Ausland, trugen unsere Erfahrungen in den Bund, kürzten „Fahrende Gesellen“ ab, schrieben die Abkürzung auf tusksche Art klein „fg“ und gaben die „briefe“ heraus, besonders für die Hortenführer des Bundes, trugen Russenkittel, Jujas, hatten Kohten und eine Jurte und zählten uns zur „jungenschaft“. Kleidung und Wörter zeigten unsere Haltung, den Wunsch nach Freiheit, Frieden, gemeinsames Aufbauen, Fahren, künstlerisches Schaffen und Lernen. Wer unsere handgeschriebenen Liederbücher, unsere Schriften und Einladungen sieht, wird das verstehen.
Parteipolitisch waren wir nicht, hatten aber schon ein paar Ziele. Die ersten Ansätze für Naturerhalt, gegen Flussbegradigungen und Zersiedlung, für Wildtiere und schöne, alte Bauwerke. Und auch gegen Unterdrückung deutscher Sprache im Ausland und für Friesen, Juden und Sorben in Deutschland. Wir lernten den Spruch über dem Hamburger Rathaus auswendig „Libertatem quam peperere, mojores digne studeat, servare posteritais“, frei übersetzte: „Was Du ererbt von Deinen Vätern, erwirb es, um es zu besitzen.“ Und das versuchten wir weltweit zu sehen für alle Menschen.
Das „Deutsche Leben und Wandern“ sahen wir nicht schwammig und verbissen vordergründig, sondern versuchten es mit Kunst und Kultur zu füllen. Mit Grafik und tusk als Lehrer. Dazu dann Lieder, besonders Antikriegslieder und die ersten Umweltlieder. Wir lebten ja mitten in Hamburgs Trümmern und Volkstanz nach Anna Helms, aber weltweit. Wir luden den in Deutschland weilenden Jim Hawkins, einen schwarzen Tanzlehrer ein, uns amerikanische Tänze beizubringen. Jim war bei der Familie Duensing zu Gast. Der Bruder von Wilhelm war bekannter Volkstanzlehrer in den USA.
„Deutsches Leben und Wandern“ störte mehrere von uns. Wir schrieben es fast nie, sondern meist nur kurz „fg“ für Fahrende Gesellen. Für uns wurde es zu einem neuen Begriff von Heimat. Eine Heimat, die unsere Fahrtenländer mit einbezog über die Grenzen Deutschlands hinaus. Das, was wir erfahren hatten und liebten, war unsere Heimat.Wir dachten weiter und fuhren ins Ausland.
Für uns zählten besonders Marxen in der Nordheide, unser Volleyballspiel, unser Volkstanzen, unsere Kunsthefte, Das Singen unserer Lieder am Feuer, auch Finnland, Schweden und Dänemark. Weiter reichte unser Fahrtenhorizont noch nicht. So kostete die erste Finnlandfahrt für jeden 160 Mark für drei Wochen, Fähren und Bahnfahrt bis zum Hafen südlich Stockholms inbegriffen.
Mit dieser Einstellung hatten wir einen guten Start. Und viele Jungen im armen Arbeiterstadtteil Barmbek wollten zu uns. Da wir auch beruflich mit Lehrer und Weitebildung auf Abendschulen zu tun hatten, brachten wir es nur auf zwei Horten. Die Lütten waren die Seeräuber, die Älteren hießen Deutschritter.
Die meisten Hortenführer hatten sich um die „briefe“ gruppiert und besprachen ihre Bedürfnisse und Denken untereinander und veröffentlichten Gedichte, Erzählungen. Pepi und hedo schrieben Gedanken zur Zukunft. Hedo schrieb Märchen und kleine Theaterstücke auf Anregung von tejo. So hatten wir uns gut eingerichtet. Doch die fg waren nicht demokratisch, sondern aristokratisch aufgebaut. Wenn einer aus der Bundesführung ausschied, wurde ein Nachfolger von ihr selbst ausgewählt. Da ergaben sich Widerspüche, die dazu führten, dass es zum Bruch kam.
Ich wurde zu einem Gespräch zitiert, fühlte mich derart angegriffen und belieidigt, dass ich kurzerhand den Bund, die Horten, den Tanzkreis und die Freunde verließ. Im Moment war das radikal und schwer verständlich für mich und meine Freunde. Im Nachhinein hat sich das für mich persönlich sehr bewährt. Ich ging zur Freischar, lernte viel von doc und wurde nach dem Abendabi Lehrer. Ein Fahrt nach an die Elbe an die zersprengte Brücke gegenüber von Dömitz mit den Älteren sollte mein Verhalten erklären. Der Bruch mit dem Bund war nicht zu kitten. Für mich eröffnete sich eine jugendbewegte, freie Zukunft. Das führte dazu, dass ich lebenslang bündisch blieb und dazu beitrug den verbotenen Wandervogel e. V. wieder zu gürnden. hedo
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